Serie: Das VAG-Verfahren ... Die Anhörungsrüge
Am 26. Mai 2018 hatten wir Euch über den aktuellen Stand im VAG- und Führerschein-Verfahren von Peter informiert. Peter hatte am 11. Mai 2018 eine noch nicht vollständig fertiggestellte Anhörungsrüge beim OLG Naumburg eingereicht. Noch nicht vollständig deshalb, weil er und seine Anwälte bis zum Fristende noch keine Akteneinsicht ermöglicht bekamen. Grund für die Anhörungsrüge war die Annahme, Peters Revisionsbegründung und die seines Pflichtverteidigers seien dem Oberlandesgericht gar nicht zur Kenntnis gelangt und es habe daher sein Urteil ohne Berücksichtigung dieser beiden Revisionsbegründungen gefällt. Was bisher geschah, könnt Ihr hier nachlesen.
Am 20. Juni 2018 verfaßte der Generalstaatsanwalt seine Stellungnahme zu der Anhörungsrüge vom 11. Mai 2018. Am 25. Juni 2018 ging diese dem Pflichtverteidiger zu.
Der formale Ablauf der Gehörsrüge ist folgender:
- Die begründete Anhörungsrüge muß fristgerecht beim Gericht der letzten Instanz, das ist in diesem Fall das Oberlandesgericht Naumburg, eingehen. Es können noch Begründungen nachgereicht werden, wenn beispielsweise eine zur vollständigen Begründung notwendige Aktenensicht nicht ermöglicht wurde.
- Dem Generalstaatsanwalt wird die Anhörungsrüge zugestellt. Er schreibt dazu seine Stellungnahme und beantragt, wie die Richter seiner Ansicht nach entscheiden sollten. Diese Stellungnahme mit Antrag wird zeitgleich an die Anwälte des Beschwerdeführers weitergereicht.
- Die Verteidiger und Peter haben nach Eingang der Stellungnahme zwei Wochen Zeit, um eine Gegenerklärung zu verfassen und an die Richter weiterzugeben.
- Die Richter entscheiden unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts und der Gegenerklärung des Beschwerdeführers (das ist Peter) und eventueller Gegenerklärungen der Verteidiger, wie weiter verfahren werden soll.
Der Antrag des Generalstaatsanwalts an das OLG
Der Generalstaatsanwalt lehnt Peters Anhörungsrüge als unbegründet ab. Sein Antrag, wie nun weiter zu verfahren sei, ist extrem widersprüchlich. Er schlägt dem Gericht zwei mögliche Verfahrensweisen vor:
- Der erste Vorschlag ist, das Verfahren auf den Stand zurückzusetzen, an dem Peter die Revision einlegt und seine Frist für das Verfassen einer Revisionsbegründung beginnt. Die Zeit wird somit auf den 10.08.2017 zurückgedreht.
Ein recht ungewöhnlicher Antrag für die Tatsache, daß der Generalstaatsanwalt die Anhörungsrüge von Peter für unbegründet hält ... So ganz unbegründet ist sie wohl auch in seinen Augen nicht. Mit diesem Antrag legt der Generalstaatsanwalt dem Gericht nahe, genau so zu verfahren, wie Peter es in seiner Anhörungsrüge wünscht.
Dann könnten Peter und seine Verteidiger ihre Revisionsbegründungen erneut einreichen und wir würden davon ausgehen, daß diesesmal darauf geachtet wird, daß alle drei Revisionsbegründungen vom Oberlandesgericht Naumburg in deren Urteilsfindung berücksichtigt werden. - Der zweite Vorschlag ist das genaue Gegenteil des 1. Vorschlag. Die Anhörungsrüge solle als unbegründet verworfen werden und damit die Verurteilung zu zwei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig aufrecht erhalten werden.
Wie der Generalstaatsanwalt eine solche rechtsverdrehende Entscheidung begründet, seht ihr im folgenden.
Eine Begründung voller Widersprüche und Unstimmigkeiten
Zunächst einmal steht in der Stellungnahme des Generalstaatsanwalts wortwörtlich geschrieben, daß das Gericht Peters Revisionsbegründung gar nicht zur Kenntnis genommen hat!
„Aus den Gründen des Vermerks des Vorsitzenden hat das Gericht ein tatsächliches Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht zur Kenntnis genommen."
Das steht also tatsächlich fest! Dann geht es im Text weiter:
„Gleichwohl ist der Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da sich die unterbliebene Anhörung als nicht entscheidungserheblich erweist ...“
Ganz nebensächlich wird hier wie selbstverständlich aufgeführt, wie das zulässige Rechtsmittel eines Angeklagten nicht berücksichtigt zu werden braucht. Die selbstverständlich äußerst entscheidungserheblichen und sehr umfangreichen Ausführungen in Peters Revisionsbegründungen werden hier so dargestellt, als könnten sie gar nicht zu einer anderen Beurteilung der Sachlage führen.
Ob mit dem obigen „Vermerk des Vorsitzenden“ die Urteilsbegründung des OLG oder ein Vermerk in der Akte gemeint ist, können wir erst nach Akteneinsicht unzweifelhaft wissen.
„... ergibt auch eine erneute Überprüfung des Urteils unter besonderer Berücksichtigung seiner (Peters) Erwägungen keinen ihn benachteiligenden Rechtsfehler. Das Vorbringen (damit ist Peters Revisionsbegründung gemeint) ist unrteilsfremd oder ... stellt den revisionsrechtlich unbeachtlichen Versuch dar, seine (Peters) Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung der Kammer zu setzen.“
Hier vermutet der Generalstaatsanwalt ohne nähere Begründung, das Kammergericht habe die vorliegenden Beweise (Zeugenaussagen, Dokumente, etc.) richtig interpretiert. Daß möglicherweise die Interpretation falsch war, und Peter dies in seiner Revisionsbegründung schlüssig darlegt, wird vom Generalstaatsanwalt nicht ausgeschlossen. Er sagt aber, aufgrund der Rechtsvorschriften für Revisionsverfahren, bleibt eine möglicherweise falsche Interpretation mit folglich falschem Urteil unbeachtet.
Ist dies eine Unterstellung oder gibt es hier tatsächlich Rechtsvorschriften, die es unmöglich machen, falsche Beweisinterpretationen richtig zu stellen?
Kleiner Exkurs:
Man stelle sich mal vor, in einem Mordprozeß wird die Waffe bei einem Verdächtigen gefunden und daraufhin wird dieser verurteilt, weil das Gericht den Waffenfund so interpretiert, als habe der Angeklagte damit gemordet. In seiner Revision stellt der unschuldig Verurteilte nun schlüssig dar, daß ihm die Waffe untergeschoben wurde. Das soll nun rechtlich unbeachtet bleiben?
Der Generalstaatsanwalt stellt indessen weiterhin seine eigenen unbegründeten Vermutungen an:
„Nach seinen eigenen Angaben möchte der Beschwerdeführer (Peter) ... rügen, dass die Beweiswürdigung lückenhaft und fehlerhaft sei. ... Dies dürfte so auszulegen sein, dass er bewußt keine Verfahrensrüge erheben möchte.“
Damit unterstellt der Generalstaatsanwalt, daß Peter in seiner Revisionsbegründung die Verfahrensrüge erhoben habe, diese aber gar nicht beachtet haben wolle. Tatsächlich ist es Peter wohl lieber, wenn die Sachrüge zum Erfolg führt. Im Fall der Beachtung der Verfahrensrüge würde das OLG zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen. Damit würde das Spiel von vorne beginnen. Eine Erneuerung im Gesundheitswesen würde somit verzögert oder unmöglich gemacht werden. Auch Schadenersatzklagen würden sich verzögern.
Die Revisionsbegründungen mag der Generalstaatsanwalt inzwischen zwar überflogen, nicht aber durchgearbeitet haben. Denn seine Äußerung
„...den Revisionsvortrag mit Hilfe von zusammenhanglos beigefügten Anlagen zu ergänzen ...“
legt eher eine Überforderung durch das komplexe Thema nahe als ein Durchdringen des Inhalts. Die Frage der Staatlichkeit des KRD umgeht er denn auch mit einer weiteren Vermutung:
„Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass es nicht möglich ist, dass ein Verein in den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland eine eigene „Staatsqualität“ erreicht; es bleibt mithin unter jedem Blickwinkel dabei, dass der Beschwerdeführer unter bundesdeutsches Recht fällt, wie er auch zu jeder Zeit wusste“
Die gesamte Stellungnahme des Generalstaatsanwalts bezieht sich auf das Rügen Peters wegen der Verletzung formellen Rechts. Peters Rügen des materiellen Rechts handelt der Generalstaatsanwalt dann wesentlich kürzer ab:
„Materiellrechtlich kann in diesem Fall nichts anderes als oben gelten.“
Der Zusammenhang zwischen materiellem und formellem Recht im juristischen Kontext ist ausgesprochen komplex und bestens geeignet (vielleicht auch so gewollt), um sich hier juristisch zu verlaufen. Sehr einfach könnte man sagen:
- Materielles Recht bezieht sich auf die Fragestellung, ob das Gericht aus den ermittelten Tatsachen die rechtlich richtigen Schlüsse gezogen hat.
- formelles Recht bezieht sich auf die Fragestellung, ob die Tatsachen, die für eine korrekte Entscheidung relevant sind, vollständig ermittelt wurden.
Auf die fehlende Berücksichtigung der Revisionsbegründung des Pflichtverteidigers geht der Generalstaatsanwalt schließlich gar nicht mehr ein.
Die gesamte Stellungnahme im Wortlaut findet Ihr unten im Download.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten:
- Die Richter des Oberlandesgerichts Naumburg setzen das Verfahren auf den Stand vor Fristbeginn der Revisionsbegründung zurück. So ist gewährleistet, daß das Verfahren vor dem Oberlandesgericht ordnungsgemäß zuende geführt werden kann. Geschieht dies nicht, wäre wohl nicht zu verhindern, daß nachträglich aufgrund von Versäumnissen seitens der Justiz willkürliche Interpretationen stattfinden könnten. So würden die nicht berücksichtigten Revisionsbegründungen in das Urteil einfließen und in eine völlig andere Richtung lenken. Bei Berücksichtigung von Peters Revisionsbegründung kann es nur einen Freispruch in allen Punkten geben. Möglich ist natürlich auch wieder, daß man versucht, hier auf Zeit zu spielen und es – wenigstens mit Bezug auf die Fahrerlaubnis – aufhebt und zurückverweist.
- Die Richter des OLG Naumburg mauern weiterhin nicht nur bei der Akteneinsicht, sondern auch bei der weiteren Bearbeitung der Anhörungsrüge. Bekanntlich kann in diesem Fall gleichzeitig mit der präzisierten Anhörungsrüge Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden. Dazu ein Zitat aus dem Merkblatt des Bundesverfassungsgerichtes zur Verfassungsbeschwerde:
„Die unterlassene Einlegung einer nicht offensichtlich aussichtslosen Anhörungsrüge kann zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf die behauptete Gehörsverletzung, sondern auch hinsichtlich sonstiger Rügen führen, soweit diesen durch die Anhörungsrüge hätte abgeholfen werden können. Hingegen ist die Einlegung einer offensichtlich aussichtslosen Anhörungsrüge für den Beginn der Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht maßgeblich. Bei Zweifeln über die Erforderlichkeit und die Erfolgsaussichten einer Anhörungsrüge steht es einem Beschwerdeführer offen, zur Fristwahrung zeitgleich mit der Anhörungsrüge beim Fachgericht Verfassungsbeschwerde zu erheben.“
Wenn die OLG-Richter mit der Akteneinsicht und ihrer Entscheidung über die Anhörungsrüge weiterhin mauern, würde Peter spätestens im August mit seinem zur Akteneinsicht berechtigten Anwalt im Schlepptau erst einmal seinen Akten hinterher reisen. Nachdem sie diese eingesehen hätten, könnte Peter seine Anhörungsrüge präzisieren. Ebenfalls könnte der Pflichtverteidiger seinerseits eine Anhörungsrüge verfassen. Diese Rügen könnten aber immer noch wegen der offensichtlichen bisher praktizierten Verweigerungshaltung, Peter zeitnah Recht zu geben, keinen Erfolg haben. So würde Peter dann fristwahrend mit der präzisierten Anhörungsrüge und der fertig geschriebenen Verfassungsbeschwerde beide Gerichte weiter beschäftigen.
Wenn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Sinne entscheiden würde, dann müßten die Richter des OLG Naumburg selbst wohl keine Entscheidung mehr treffen. Die Verweigerung von Akteneinsicht bis heute und die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts (bloß nicht zur Frage der Staatlichkeit des Königreiches Deutschland zu entscheiden) lassen hier wohl berechtigt vermuten, daß die obengenannten „Erfolgsaussichten einer Anhörungsrüge“ oder überhaupt das Erreichen des Endes dieser Anhörungsrüge unmöglich erscheinen. So wäre das OLG den „schwarzen Peter“ und die Verantwortung los und das Bundesverfassungsgericht könnte zu dieser Frage ein für alle Mal Stellung beziehen. Würde das BVerfG den Fall gar nicht zur Entscheidung annehmen oder eine Verletzung von Grundrechten nicht erkennen wollen, dann hätten die Richter des OLG den „schwarzen Peter“ wieder zurückerhalten und müßten dann doch noch das ganze Verfahren erneut führen. So würde Peter seinen Freispruch dann zwar vom OLG erhalten, über die Frage der Verletzung von Natur- und Grundrechten würde man aber noch nicht befinden. Ob das im Sinne von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten wäre?
Nach bundesrepublikanischem „Recht“ ist so das Verleiben in Freiheit bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes möglich. Nur im Fall der Ablehnung der Annahme zur Entscheidung beim BVerfG oder im Fall der verweigerten Stellungnahme zur Frage der Staatlichkeit des Königreiches Deutschland, müßte das OLG zu den Fachfragen der Fahrerlaubnisverordnung und des Versicherungsaufsichtsgesetzes noch im Nachhinein Stellung beziehen.
Die Antwort Peters auf die Stellungnahme des Generalstaatsanwalts findet ihr ebenfalls unten im Download.
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